Schröpfen ist eine Behandlungsmethode, bei der ein regional begrenztes Vakuum auf bestimmten Bereichen der Körperoberfläche erzeugt wird. Diese Technik fand Anwendung in verschiedenen Kulturen, darunter das antike Ägypten und Griechenland, Indien und China. In der westlichen Naturheilkunde wird Schröpfen zu den ausleitenden Verfahren gezählt.
Wirkungen und Nebenwirkungen
Wirkprinzipien
Aus westlicher Sicht:
Schröpfen aktiviert die Zellstoffwechselprozesse, verbessert die Mikrozirkulation von Blut und Lymphe und fördert das Abfließen von lokalem pathologischem Lymphstau. Zudem wird der Tonus der darunterliegenden Muskulatur gesenkt. Das Vakuum saugt die Haut und darunterliegende Strukturen an, was zu einer Dehnung des Bindegewebes und der Zellen führt. Diese Dehnung reizt die Nervenendigungen und regt die lokale Durchblutung an.
Durch *kutano-viszerale Reflexbahnen kann auch eine Wirkung auf erkrankte innere Organe erzielt werden (Forschungen von Head und McKenzie). Schröpfen hat zudem eine immunstimmulierende und analgetische Wirkung.
Aus der Sicht der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM):
In der TCM wird Schröpfen als eine Methode zur gezielten Stimulation von Akupunkturpunkten und Funktionskreisen genutzt, um Einfluss auf die inneren Organe zu nehmen. Diese Technik hilft, lokale Fülle-Syndrome zu entlasten.
- Schröpfen im oberen Rückenbereich kann eine leichte Blutdrucksteigerung bewirken.
- Schröpfen unterhalb des 4. Lendenwirbels (LWK 4) kann eine leichte Blutdrucksenkung hervorrufen.
Anwendung
Volksmedizinische Nutzung in verschiedenen Kulturkreisen:
In vielen Kulturen wird Schröpfen auf bewährte Hautareale angewendet, um bestimmte Erkrankungen zu behandeln, ohne dass eine Zuordnung zu spezifischen Akupunkturpunkten erfolgt. Dies betrifft insbesondere schmerzhafte Bereiche, wie zum Beispiel bei Gelosen und Myogelosen, die aufgrund ihrer Verhärtung und Verquellung gut ertastbar sind.
Aus der Sicht der TCM:
Hier wird Schröpfen auf Akupunkturpunkten, ASHI-Punkten (Schmerzpunkte) oder über schmerzhafte Bereiche wie Gelosen und Myogelosen angewendet.
Indikationen
Schröpfen wird häufig bei Erkrankungen des Bewegungsapparates eingesetzt, insbesondere bei schmerzhaften Myogelosen und Muskelverspannungen, die durch Überbelastung, Fehlhaltungen oder Stress entstehen. Typische Indikationen umfassen:
- Beschwerden nach Verletzungen, insbesondere bei Qi- oder Blutstagnationen
- Schmerzhafte Verstopfung
- Schmerzhafte Menstruation
- Myogelosen (muskelbedingte Verhärtungen)
- Schmerzen im Bereich der Paravertebralmuskulatur (Muskelstrukturen entlang der Wirbelsäule)
- Halswirbel- und Schulterbeschwerden
- Lumbalgien und Lumboischialgien (Rücken-Bein-Schmerzen)
- Neuralgien (Nervenschmerzen)
- Erkältungskrankheiten
Kontraindikationen
Schröpfen sollte nicht angewendet werden bei:
- Blutgerinnungsstörungen
- Offenen Hautwunden oder Hauterkrankungen
- Ungeeigneten Stellen (z.B. über Knochen)
- Mangelzuständen
- Schwangerschaft
- Hohes Fieber
- Bekannter Epilepsie
Materialien
- Schröpfgläser: Meist aus Glas, häufig in Form von Glaskugeln mit großer Öffnung.
- Vakuumgefäße: Aus Glas oder transparentem Kunststoff, ausgestattet mit einem Gummiballon (mit oder ohne Ventil) oder einer Vakuumpumpe.
- Sonstige Gefäße: Auch Becher aus Ton, einfache Glasgefäße, Bambusrohre oder Ziegenhörner können verwendet werden.
1-3 Bilder: Tuina Praxis Schönmann
2 Bild: Schröpftechnik während meinem Tuina Praktikum in Peking, China 2008
Quelle:
Leitfaden Traditionelle chinesische Medizin, C. Fock, N. Hillenbrand, ISBN 3-437-51030-4
*Der Begriff „kutano-viszerale Reflexbahnen“ bezieht sich auf ein Konzept aus der Schmerz- und Reflextherapie, das beschreibt, wie Reize, die auf der Haut (kutane Reize) gesetzt werden, über Reflexbahnen auf innere Organe (viszerale Organe) wirken können. Diese Theorie basiert auf den Arbeiten von Head und McKenzie, die in den frühen 1900er Jahren wichtige Forschungen zu den sogenannten „Head-Zonen“ durchgeführt haben.
Head-Zonen und die kutano-viszerale Reflexbahn:
Die „Head-Zonen“ sind Bereiche auf der Haut, die direkt mit bestimmten inneren Organen verbunden sind. Wenn ein Organ erkrankt oder gereizt ist, können schmerzhafte Empfindungen in den entsprechenden Hautzonen (Reflexzonen) auftreten, obwohl das eigentliche Problem im inneren Organ liegt. Dies ist ein Beispiel für die kutano-viszerale Reflexbahn, bei der Nervenbahnen sowohl somatische (Körper-) als auch viszerale (Organ-) Reize übertragen.
Head und McKenzie beschrieben diese Mechanismen anhand von Symptomen, die bei bestimmten Organerkrankungen auf der Hautoberfläche in Form von Schmerzen oder anderen Reaktionen zu finden sind. Wenn beispielsweise das Herz erkrankt, können Schmerzen im Bereich des linken Oberkörpers oder sogar im Arm auftreten.
Schröpfen und die kutano-viszerale Reflexbahn:
Im Zusammenhang mit dem Schröpfen bedeutet dies, dass die Anwendung von Schröpfgläsern auf der Haut auch eine Wirkung auf die inneren Organe haben kann. Indem Schröpfen auf bestimmte Hautzonen angewendet wird, kann es zu einer „Reflexwirkung“ auf die zugehörigen Organe führen, was eine Schmerzlinderung oder eine Verbesserung der Organfunktion zur Folge haben kann.
Die analgetische Wirkung des Schröpfens kann durch diese kutano-viszeralen Reflexbahnen vermittelt werden, weil die Hautreizung über diese Reflexwege das Schmerzempfinden in den inneren Organen beeinflussen kann. Auch die immunstimmulierende Wirkung könnte teilweise durch diese Reflexmechanismen vermittelt werden, da eine Stimulation der Haut auch das Immunsystem aktivieren kann.
Wissenschaftliche Grundlagen und Forschung:
Es gibt einige wissenschaftliche Studien, die sich mit der Wirkung von Schröpfen auf die Mikrozirkulation, das Lymphsystem und die Schmerzlinderung befassen, aber die spezifische Theorie der kutano-viszeralen Reflexbahnen und deren direkte Anwendung auf Schröpfen ist noch nicht weitgehend durch wissenschaftliche Studien belegt. Die Forschung in diesem Bereich ist nach wie vor begrenzt, und viele der zugrunde liegenden Mechanismen basieren noch auf traditionellen Annahmen und klinischen Beobachtungen.
Du kannst in wissenschaftlichen Datenbanken wie PubMed oder Google Scholar nach Begriffen wie „cutaneous visceral reflexes“ und „cupping therapy“ suchen, um weitere Forschungsergebnisse zu finden, die sich mit der Verbindung von Schröpfen und den kutano-viszeralen Reflexbahnen befassen. Es gibt auch Studien, die die analgetischen und immunstimmulierenden Effekte von Schröpfen untersuchen, die teilweise diese Reflexmechanismen berücksichtigen.
Fazit:
Die Theorie der kutano-viszeralen Reflexbahnen und deren Anwendung im Zusammenhang mit Schröpfen wird in der westlichen Wissenschaft noch nicht umfassend untersucht. In der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) und anderen komplementärmedizinischen Bereichen wird jedoch davon ausgegangen, dass durch Schröpfen eine Reflexwirkung auf innere Organe erzielt werden kann, die sowohl schmerzlindernde als auch immunmodulierende Effekte hat.